Gala Diner setzt Schlusspunkt für erfolgreiche Woche der pflegenden Angehörigen
Die Premiere ist gelungen. Hunderte von pflegenden Angehörigen in Bielefeld nutzen eine oder mehrere der 30 Veranstaltungen, um sich mal eine kleine Auszeit zu gönnen.
Freiwillige sorgten dafür, dass die Pflegenden Angehörigen verwöhnt wurden.
Durchatmen und mal einen schönen Abend verbringen – für Bärbel Karl war das Gala-Diner für pflegende Angehörige im Kultur- und Kommunikationszentrum Sieker ein ganz besonderer Termin. „Dabei hatte ich heute einen Tag, den ich liebsten vergessen würde. Mein Mann war seit fünf Uhr früh auf den Beinen und nicht zu beruhigen“, erzählt die sportliche Anfangsiebzigerin, die seit Jahren ihren demenzerkrankten Ehemann pflegt. „Wenn ich meine Familie nicht hätte und den Pflegedienst, wüsste ich nicht, wie ich das schaffen sollte.“ Mit den Jahren wird die Pflege in den meisten Fällen nicht leichter.
Komische Begegnung der clownesken Art: Das Team von Dr. Clown begrüßte die Pflegenden Angehörigen beim Gala-Diner.
Bärbel Karl ist eine von mehr als 7.000 Bürgerinnen und Bürgern in Bielefeld, die einen oder mehrere Menschen zu Hause pflegen. Ein emotional belastender Fulltimejob, der jeden an seine Grenzen bringt. Einer der entscheidenden Gründe für die Stadt Bielefeld, die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände Bielefeld, das Ev. Krankenhaus Bielefeld sowie den Arbeitskreis Tagespflege die erste Woche für pflegende Angehörige in Bielefeld zu organisieren. „30 Veranstaltungen haben wir mit unseren Partnern vom 19. bis 26.9. angeboten und gleichzeitig Betreuungsmöglichkeiten geschaffen, damit die pflegenden Angehörigen auch Zeit hatten“, berichtete Bernadette Bueren von der Altenhilfeplanung der Stadt Bielefeld und Hauptorganisatorin der besonderen Woche.
„Pflegen ist Familiensache bei uns in Deutschland. Und wir müssen darauf achten, dass die engagierten und belasteten Familienmitglieder sich auch mal eine Pause gönnen“, erklärte Pastor Ulrich Pohl, Vorstandsvorsitzender der v. Bodelschwinghschen Stiftungen und mit Oberbürgermeister Pit Clausen Schirmherr der Aktionswoche.
Welf Helm, Gabriela Gruel und Lars Fieber stellten Interessenten das Bielefelder Modell vor, selbstbestimmtes Wohnen mit Versorgungsssicherheit.
Einmal selbst tief durchatmen! Monika Nipkau (li.) und Sabrina Jacke von der AWO, die in der Woche der pflegenden Angehörigen ein Sorgentelefon von 9 bis 20 Uhr eingerichtet hatte.
Tobias Zielke und Frauke Burghardt Oppermann stellten den Heimnotruf vor.
Nach der jüngsten Umfrage des Bundesgesundheitsministeriums betreuen ein Großteil der Angehörige ihre Familienmitglieder sogar ohne die Hilfe von Pflegediensten. Das überfordert viele: 55 Prozent der familiären Pfleger leiden unter Schlafstörungen, Angstzuständen und Erschöpfung – das sind 15 Prozent mehr als der Durchschnitt. Jeder Fünfte hat schon eine depressive Episode erlebt. Auch Rücken und Gelenke streiken häufiger.
Um sich körperlich ein bisschen Erleichterung zu schaffen boten in der Woche der pflegenden Angehörigen in Bielefeld Unternehmen und Einrichtungen wie die Patienten Versorgung Management GmbH, das Begegnungszentrum Kreuzstraße und das Tageshaus „Selbstbestimmt im Alter“ praktische Übungen für den Rücken an. Die Experten zeigten den Interessierten zahlreiche Tricks und Hilfsmittel, die das Pflegen leichter machen.Wer es trotz aller Angebote nicht schaffte, den zu Pflegenden in andere Hände zu geben, konnte die eigens eingerichtete Telefonhotline „Reden ist Gold“ der AWO von 9 – 20 Uhr anrufen. Die Freie Scholle und auch das BGW informierten über unterschiedliche Wohnmodelle im Alter sowie aktive Unterstützung für pflegende Angehörige.
Gabriele Tammen-Parr (links), Dr. Peter Stuckhard und Birgit Vogl im Gespräch über Aggression in der häuslichen Pflege.
Ein weiterer thematischer Schwerpunkt bildete das Patientenforum, organisiert vom Ev. Krankenhaus Bielefeld, in der Ravensberger Spinnerei. Die Hauptrednerin des Abends, Gabriele Tammen-Parr aus Berlin, Gründerin der Anlaufstelle „Pflege in Not“, packte das Tabuthema Konflikte in der Pflege an. Seit 16 Jahren betreut und berät die Sozialtherapeutin mit ihrem Team pflegende Angehörige, die mit ihrer Kraft am Ende sind.
Es drehte sich in dieser Aktionswoche thematisch nicht alles um die Pflege zu Hause. Kulturelle, sportliche und lukullische Angebote ermöglichten den pflegenden Angehörigen auch mal vom Alltag wenigstens für ein paar Stunden völlig abzuschalten.
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Das Kammerensemble spielWERK im kleinen Saal der Rudolf-Oetker-Halle.
Den Auftakt im wahrsten Sinne des Wortes machte ein klassischer Kammerkonzertabend im kleinen Saal der Rudolf-Oetker-Halle. Die Lions Hilfe Bielefeld hatte diese wunderbare Veranstaltung möglich gemacht. Das Publikum war begeistert und spendete den 13 Musikerinnen und Musikern tosenden Applaus.
Die Laufschuhe zogen sich Dutzende von Pflegekräften an beim Aktionslauf „Demenz bewegt (auch) uns“, der vom Arbeitskreis Tagespflege als eine Art Sternlauf veranstaltet wurde. Am Tag der Mobilität auf dem Kesselbrink waren alle Zuschauer in Bewegung ob mit oder ohne Rollator. Bei einer spannenden Podiumsdiskussion kam dort auch das Thema „Führerschein im Alter“ auf den Tisch.
Lesefans um Irmlind Vodegel (r.) stellten im Tageshaus Selbstbestimmt im Alter Bücher zum Thema Demenz vor
Zu einer Lesestunde über bewegende Literatur zum Thema Demenz lud das Tageshaus Selbstbestimmt Leben im Alter ein.
Und beim Gala-Diner im Kultur- und Kommunikationszentrum wurden pflegende Angehörige einmal so richtig lukullisch verwöhnt. Bei gefüllter Lachsrolle, fruchtiger Orangen-Selleriesuppe, Hähnchenkräuterroulade mit frischen Pfifferlingen oder Auberginen mit Frischkäse-Mandelfüllung machten mehr als 200 Gäste Urlaub vom arbeitsreichen Alltag.
In einer Spielpause des Sara-Friedemann-Trios versprach Marc Korbmacher, Geschäftsführer der Diakonie Bielefeld, die Aktionswoche in aller Ruhe auszuwerten und zu schauen was noch verbessert werden kann. Die Aussichten auf eine nächste Woche der pflegenden Angehörigen sind folglich gut.
Klinikforum zum Tabuthema Aggression in der häuslichen Pflege
In der Woche der pflegenden Angehörigen packte das Evangelische Krankenhaus Bielefeld ein heißes Eisen an, das Thema: Konflikt in der häuslichen Pflege. Hauptrednerin der Diskussionsveranstaltung in der Ravensberger Spinnerei war Gabriele Tammen-Parr, die vor 16 Jahren die Beratungsstelle „Pflege in Not“ in Berlin gegründet hat.
Rund 1,8 Millionen Menschen, das sind drei Viertel aller Pflegefälle, werden zu Hause von Angehörigen versorgt. Allein in Bielefeld sind es über 10.000 Menschen. Es beginnt liebevoll und endet häufig in Überforderung, Stress und manchmal auch blanke Aggression. Was hinter verschlossenen Türen in der häuslichen Pflege passiert, ist eines der großen Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Ein gewichtige Grund für das Evangelische Krankenhaus Bielefeld gemeinsam mit der Neuen Westfälischen in der Woche der pflegenden Angehörigen eine Diskussionsveranstaltung anzubieten, in der das Thema auf den Tisch kam.
Gabriele Tammen-Parr referierte über das Tabuthema „Aggression in der häuslichen Pflege“
Ausgewiesene Expertin in Sachen Konflikte in der häuslichen Pflege ist Gabriele Tammen-Parr, die als Hauptrednerin für den Abend in der Ravensberger Spinnerei engagiert wurde. Eingebettet in eine kleine Informationsmesse von Organisationen mit Pflegeangeboten berichtete die Sozialpädagogin und Mediatorin in ihrem praxisnahen Vortrag aus ihrem bedrückenden Arbeitsalltag.
„Es gibt wenig Zahlen über Aggression und Konflikte in der häuslichen Pflege. Das ist nach wie vor ein Tabuthema und Pflege findet hinter verschlossenen Türen statt. Die paar wenigen Zahlen, die es gibt, sagen aber, dass mehr als zwei Drittel der pflegenden Angehörigen aggressive Gedanken, Gefühle oder auch Handlungen beschreiben. Wir haben jährlich mehr als 3.000 Anrufe und können die Zahlen bestätigen.“
Nach der Erfahrung von Tammen-Parr beginnt die Pflege liebevoll. „Die pflegenden Angehörigen oder Freunde sind ja keine Monster. Aber insbesondere Frauen geben oft nicht zu oder viel zu spät zu, dass ihnen der Pflegealltag zu viel wird. Sie wollen immer alles alleine schaffen“, so Tammen-Parr, die mit dieser Aussage zustimmendes Nicken aus dem Publikum erntete. Sieben Mal mehr Frauen als Männer kümmern sich zu Hause um die Eltern, einen Elternteil, Großeltern oder den Ehemann, der vom Ehepartner zum Pflegepartner geworden ist.
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Die Mehrzahl der Anruferinnen bei „Pflege in Not“ sind pflegende Ehefrauen und Töchter im Alter zwischen 50 und 75. Viele pflegen schon sehr lange. Durchschnittlich wird in Deutschland ein Mensch zehn Jahre zu Hause gepflegt. „Da kann man sich nicht drauf vorbereiten. Und bei diesen Zeitspannen wird die Pflegesituation lebenseinschneidend“, machte die Fachfrau aus Berlin deutlich.
In der Anlaufstelle „Pflege in Not“ rufen Hilfesuchende an, wenn es fast schon zu spät ist. Sie fühlen sich überlastet, stoßen an ihre Grenzen, körperlich wie auch emotional oder stecken mitten in Konflikten. Sätze wie: „Ich halte es nicht mehr aus!“ oder „Ich habe meine Mutter gerade wieder angeschrien!“ gehören zu den harmlosen. „Bei uns dürfen und sollen sie alles sagen, sonst kommen die ausgepowerten Pflegenden niemals aus der Spirale von Aggression und Schuldgefühlen raus.“ Tammen-Parr rät dazu, für akute Situationen eine „Notbremse“ zu überlegen, wie z. B. den Raum zu verlassen, an die Luft zu gehen oder eine Tasse an die Wand zu werfen. Langfristig ist eine Planung der Pflege das beste Konzept.
Birgit Vogl ging auf das aktuelle Pflegestärkungsgesetz ein, das im Januar 2015 in Kraft getreten ist.
„Die Pflege eines Familienangehörigen stellt häufig das gesamte Familiensystem auf den Prüfstand. Ideal ist ein klärendes offenes Familiengespräch. Wer will und kann sich in welchem Umfang an Betreuung und Pflege beteiligen? Wer kann sich nur finanziell beteiligen? Mit wem ist nicht zu rechnen? Wie kann professionelle Hilfe eingebunden und bezahlt werden“, so Tammen-Parr.
Für Informationen zur Finanzierung war an diesem aufschlussreichen Abend in der Ravensberger Spinnerei Birgit Vogl, Leiterin der gerontopsychiatrischen Tagespflege im EvKB, als Expertin eingeladen. Sie klärte das Publikum über das aktuelle Pflegestärkungsgesetz auf, durch das gerade die häusliche Pflege gestützt wird.
Dr. Rainer Norden, Geschäftsführer des Ev. Krankenhauses Bielefeld, besuchte das Klinikforum in der Ravensberger Spinnerei.
„Über 80 Prozent der pflegenden Angehörigen geben zu, schwer bis extrem belastet zu sein. Aber nur 4 Prozent überlegen den zu Pflegenden in ein Heim zu geben. Wichtig wäre in dieser Situation in jedem Bundesland eine neutrale Anlaufstelle zum Thema Konflikte in der Pflege älterer Menschen einzurichten. Pflegende Angehörige leisten Enormes für unsere Gesellschaft. Sie haben unser aller Wertschätzung und Unterstützung verdient.“ Das Evangelische Krankenhaus Bielefeld würde, so Geschäftsführer Dr. Rainer Norden, der an diesem Abend in der Ravensberger Spinnerei im Publikum saß, die Einrichtung einer „Pflege in Not“-Anlaufstelle in Bielefeld unterstützen.
Bildergalerie zur Informationsmesse
Vor den beiden Vorträgen informierten Organisationen über Pflegeangebote, weitere Unterstützungsmöglichkeiten und rechtliche Rahmenbedingungen. Bitte klicken Sie auf die folgenden Bildminiaturen, um die Bildergalerie zu starten:
September 23, 2015 10:19 amVeröffentlicht von Manuel Bünemann
Pflegende Angehörige bekommen Beifall von Arminia-Fans
Ingo Nürnberger (links) und Birgit Vogl werden von Stadionmoderator Sebastian Wiese zur Aktionswoche für pflegende Angehörige interviewt.
Fußball-Zweitligist DSC Arminia Bielefeld hat die Aktionswoche für pflegende Angehörige unterstützt. Birgit Vogl vom Arbeitskreis Tagespflege und Ingo Nürnberger, Sozialdezernent der Stadt Bielefeld, machten vor dem Heimspiel gegen den VfL Bochum im Gespräch mit Stadionmoderator Sebastian Wiese auf das große Engagement der pflegenden Angehörigen aufmerksam. Hierfür gab es Beifall von den Rängen.
Klangvoller Auftakt der Woche für pflegende Angehörige
Musiker des Kammerensembles spielWERK
Im Kleinen Saal der Rudolf-Oetker-Halle zeigte sich das Publikum hoch begeistert vom Bielefelder Kammerensemble spielWERK. Mit dem Konzert und Werken von Bach, Pärt und anderen wollten die Veranstalter der Aktionswoche für pflegende Angehörigen eine kleine Auszeit schenken.
Margarete und Erwin Kleinebenne haben sich schon die ganze Woche auf diesen Abend gefreut. „Wir sind extra mit der Stadtbahn gekommen, weil wir uns nach dem Konzert ein Glas Wein gönnen möchten“, erzählt das Ehepaar, beide Mitte sechzig, beide im Pflegealltag für ein Elternteil voll eingebunden. Gemeinsam mit einem mobilen Pflegedienst wuppt das Ehepaar die Versorgung Tag und Nacht. Der Vater von Erwin Kleinebenne hat Pflegestufe 3.
Dank an die pflegenden Angehörigen: Pastor Ulrich Pohl.
„Wir möchten Ihnen einfach nur danken, denn ohne Sie würde das Pflegesystem in Deutschland zusammenbrechen“, brachte Pastor Ulrich Pohl, Vorstandsvorsitzender der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel das Projekt Woche für Pflegende Angehörige auf den Punkt. Pohl ist gemeinsam mit Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen Schirmherr der Veranstaltungswoche, die von der Stadt, von Bethel, dem Evangelischen Krankenhaus Bielefeld, dem Arbeitskreis Tagespflege und der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände unterstützt wird.
Begrüßung durch Sozialdezernent Ingo Nürnberger
Abschalten, sich auf die Musik des Bielefelder Kammerensembles spielWERK einzulassen und zu genießen, das stand nach den Begrüßungsworten durch Pastor Pohl und Sozialdezernent Ingo Nürnberger auf dem Programm. Mit Werken von Johann Sebastian Bach und seinen erfolgreichsten Sohn Carl Philipp Emanuel Bach, sowie der Sinfonie 9 von Felix Mendelssohn-Bartholdy und der modernen Komposition „Fratres“ von Arvo Pärt begeisterte das Ensemble sein Publikum, das die 13 Musiker nicht ohne eine Zugabe von der Bühne gehen ließ.
Auch Gelegenheit zum Austausch und Zeit für ein Glas Wein bot die Veranstaltung in der Rudolf-Oetker-Halle.
Ein gelungener Abend, der durch das Sponsoring der Lions-Hilfe zustande gekommen war. Das Gläschen guten Wein begleitet mit leckeren Häppchen konnten die Kleinebennes bereits in der Pause genießen. An diesem Abend waren die Pflegenden Angehörigen mal die Verwöhnten!
Lions-Hilfe sponsert Konzert für pflegende Angehörige
Der Verein Lions-Hilfe Bielefeld unterstützt die Woche für Pflegende Angehörige, die erstmals in Bielefeld vom 19. bis 26. September ausgerichtet wird. Ein Scheck über 3.000 Euro wurde jetzt an Pastor Ulrich Pohl übergeben, der als Vorstandsvorsitzenden der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel gemeinsam mit Oberbürgermeister Pit Clausen die Schirmherrschaft dieser einzigartigen Initiative in OWL und NRW übernommen hat.
Helfende Hände: v.r. Jens-Peter Cordes, Klaus-Dieter Giersch von der Lions-Hilfe überbringen 3.000 Euro an Bethel-Chef Pastor Ulrich Pohl und Bernadette Bueren von der Stadt Bielefeld
„Die Abstimmung in der Mitgliederversammlung des Vereins Lions-Hilfe, der von den drei Bielefelder Lions-Clubs Sparrenberg, Ravensberg und Phönix gegründet wurde, lief flott und war einstimmig“, berichtet Jens-Peter Cordes, Vorsitzender der Lions-Hilfe, die vor Jahren als eigenständiger Verein gegründet wurde, um die Einnahmen des legendären Glühweinstandes auf dem Weihnachtsmarkt vorzugsweise an Bielefelder Initiativen und Projekte weiterzugeben.
„Fast jedes unserer Mitglieder hat in seiner Familie oder in seinem Bekanntenkreis mit dem Thema Pflege zu tun“, erzählt Klaus-Dieter Giersch, Vorstandsmitglied der Lions-Hilfe, der mit seinem Bruder und einer externen Pflegekraft seine Mutter über Jahre zu Hause gepflegt hat. „Das fing mit der Unterstützung beim Einkaufen und im Haushalt an. In der letzten Zeit war sie dann ans Bett gefesselt“, so Giersch, der gut nachvollziehen kann, dass Pflegende Angehörige unbedingt mal eine kleine Pause benötigen.“
Mit den 3.000 Euro der Lions-Hilfe wird ein Highlight der Woche, ein Konzert im kleinen Saal der Rudolf-Oetker-Halle am heutigen Montag (21.September) finanziert. Für Pflegende Angehörige ist das Konzert kostenfrei, wie alle anderen Angebote in dieser besonderen Woche. Von Vorteil wäre es sich unter anmeldung@pflegende-angehoerige-bielefeld.de anzumelden.
„Das ist die Grundidee für diese Initiative der Woche der Pflegenden. Einfach mal etwas Zeit zu schenken, ein schönes Konzert sowie viele Informationen anzubieten und gleichzeitig diesen engagierten Menschen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch zu bieten. Es ist ein Dankeschön aus tiefstem Herzen“, erklärt Pastor Ulrich Pohl die Zielsetzung dieser Woche, die durch Bethel, die Stadt Bielefeld, den Arbeitskreis Tagespflege, das Evangelische Krankenhaus Bielefeld und die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände Bielefeld getragen wird.
Mehr als 10.000 Menschen sind derzeit in Bielefeld pflegebedürftig, 60 Prozent werden davon zu Hause gepflegt, weit über die Hälfte davon von Angehörigen, Freunden und Nachbarn. „Man braucht eine Auszeit und damit Pflegende Angehörige diese auch wahrnehmen können, haben wir Betreuungsangebote geschaffen. So können die Veranstaltungen besucht werden, ohne sich Sorgen um den zu Pflegenden zu machen“, informiert Bernadette Bueren, Koordinatorin der Woche der Pflegenden Angehörigen.
Das Konzert ist ein Höhepunkt der Woche, in der täglich zahlreiche Veranstaltungen angeboten werden. Von der eigenen Entspannung im Rückenkurs bis zu emotional bewegenden Themen wie „Wenn der Partner zum Sorgenkind wird“, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Marta-Kleine-Eikelmann-Stiftung unterstützt Woche der Pflegenden Angehörigen
unten von links: Renate Reiners, Norbert Block von Erfahrungswissen für Initiativen in Bielefeld e. V., Pit Clausen, Schwester Erika Tenge und Dennis Niekamp von der Stiftung Bethel; oben von links: Ingo Spangenberg, Norbert Wörmann und Tim Kähler, Vorstand Marta-Kleine-Eikelmann-Stiftung, Bernadette Bueren, Meike Ude, Stiftung Bethel.
Zum dritten Mal schüttete die Marta-Kleine-Eikelmann-Stiftung Fördergelder an soziale Einrichtungen aus. Die symbolischen Schecks wurden im Alten Rathaus an die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, den Verein Erfahrungswissen für Initiativen Bielefeld (EFI) und das Büro für Integrierte Sozialplanung der Stadt Bielefeld überreicht.
Der höchste Betrag ging mit 3.000 Euro an die Altenhilfeplanung der Stadt Bielefeld. Oberbürgermeister Pit Clausen nahm den symbolischen Scheck zusammen mit Bernadette Bueren von der Altenhilfeplanung entgegen. Das Geld solle der Veranstaltungsfinanzierung im Rahmen der Aktionswoche für Pflegende Angehörige dienen, so Clausen.
“Die Pflege von Angehörigen ist ein 24-Stunden-Job an sieben Tagen die Woche”, sagte der Oberbürgermeister. Die Arbeit solle während der Informationswoche anerkannt und wertgeschätzt werden. Darüber hinaus solle es eine Informationsplattform für pflegende Angehörige geben, auf der sie Hilfe und Unterstützung finden können.
Unterstützer gesucht: Aktionswoche für Pflegende Angehörige im September
Planen eine Aktionswoche für pflegende Angehörige: Prof. Dr. Heiner Berthold, Oberbürgermeister Pit Clausen, Pastor Ulrich Pohl, Bernadette Bueren, Geschäftsführung des Vorbereitungskreises, und Marc Korbmacher von der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände (v.l.n.r.) Foto und Text: Manuel Bünemann
60 Prozent der mehr als 10.367 Pflegebedürftigen in Bielefeld werden allein durch Angehörige versorgt. Sie leisten damit eine bedeutende soziale Aufgabe, die in der Öffentlichkeit meist unbemerkt bleibt. Bielefeld will mit einer Aktionswoche im September auf die immens wichtige Leistung der mindestens 7.000 Pflegenden Angehörigen in der Stadt aufmerksam machen. Dafür werden jetzt Partner gesucht.
„Es gilt Dank auszusprechen an die vielen tausend pflegenden Angehörigen. Sie sind der größte Pflegedienst der Nation und ihre große Leistung verdient allerhöchste Hochachtung, Wertschätzung und Unterstützung“, so Pastor Ulrich Pohl, Vorstandsvorsitzender der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Gemeinsam mit Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen hat er deshalb die Schirmherrschaft für die Woche der Pflegenden Angehörigen übernommen, die vom 19. bis 26. September unter dem Motto „Wir tun mehr, als viele denken“ stattfindet. Ein Konzert der Bielefelder Philharmoniker in der Rudolf-Oetker-Halle, ein Abendessen und ein Informationsprogramm über mehrere Tage – darauf können sich pflegende Angehörige bereits jetzt freuen.
Die Schirmherren suchen jedoch für die bundesweit einzigartige Initiative weitere Unterstützer und Partner: Von der Nachbarschaftshilfe einzelner Privatpersonen, der Geldspende, dem gesponserten Friseurtermin, oder Gelegenheiten des Austauschs – die Möglichkeiten der Unterstützung sind beinahe unbegrenzt. Auch Rückenschulen und Kaffeerunden wurden bereits angeboten. Organisiert von der Stadt Bielefeld, den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel mit ihrer Altenhilfe und dem Ev. Krankenhaus Bielefeld (EvKB), dem Arbeitskreis der Wohlfahrtsverbände und dem Arbeitskreis Tagespflege, wurden bereits die Evangelische Stiftung Kirche für Bielefeld und der TIPS-Verlag als Unterstützer gewonnen.
Oberbürgermeister Clausen: „Unser Aufruf gilt auch den Arbeitgebern, auf die besonderen Bedürfnisse pflegender Angehöriger Rücksicht zu nehmen und mal nicht 200 Prozent von ihren Angestellten zu fordern.“ Pflegende Angehörige können die Dauer der Pflegebedürftigkeit oftmals nicht einschätzen. Auch kann sich – zum Beispiel durch einen Schlaganfall – die Situation ganz spontan ändern. „Diese ganz wichtige Botschaft wollen wir in die Stadtgesellschaft hineingeben und auf eine Situation aufmerksam machen, die an Bedeutung gewinnt.“
An Bedeutung gewinnt sie, da die Gesellschaft immer älter wird. „In steigendem Alter kämpfen pflegende Angehörige oftmals selbst mit Erkrankungen“, erklärt Prof. Dr. Heiner Berthold, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Geriatrie im EvKB und des Zentrums für Behindertenmedizin im Krankenhaus Mara. „Eltern und Geschwister, die Menschen mit Behinderungen pflegen, tun dies häufig über Jahrzehnte.“ In beiden Fällen drohe Überlastung, die es durch Prävention, Unterstützung und Information zu verhindern gelte. Viele Angehörige sind nebenbei berufstätig oder fühlen sich 24 Stunden pro Tag für den Pflegebedürftigen verantwortlich. „Ich kenne Menschen in dieser Situation, die sagen: ‚Wenn ich eine Stunde in der Woche zum Tennis kann, ist das wie Urlaub für mich‘“, misst Pastor Pohl dem Bedarf nach Entlastung immense Bedeutung zu.
Um die Situation der pflegenden Angehörigen nachhaltig zu verbessern, hat die Initiative die Internetseite www.pflegende-angehoerige-bielefeld.de entwickelt, die sich zurzeit im Aufbau befindet. Hier werden künftig alle relevanten Informationen für pflegende Angehörige in Bielefeld zusammengetragen. Auch der Austausch und der Netzwerkgedanke werden dort künftig gefördert.
Möchten Sie die Woche der Pflegenden Angehörigen unterstützen? Dann nehmen Sie Kontakt zu uns auf!
Kontakt
Bernadette Bueren
Altenhilfeplanung der Stadt Bielefeld
Geschäftsführerin des Vorbereitungskreises der Woche der Pflegenden Angehörigen
Tel.: 05 21 – 51 34 08
E-Mail: bernadette.bueren@bielefeld.de
Die Woche der Pflegenden Angehörigen im Überblick (Stand: April 2015)
Montag, 21.09.2015: Infoaktion zum Weltalzheimer-Tag
Montag, 21.09.2015: Konzert des Kammerensembles spielWERK für Pflegende Angehörige
Mittwoch, 23.09.2015: Klinikforum zum Thema Pflegende Angehörige
Samstag, 26.09.2015: Gala Diner für Pflegende Angehörige